Fachkräfte und Unternehmen beklagen, dass die Gesamtdauer der behördlichen Verfahren zur Einreise von Fachkräften zu oft zu lange betrage. Für die Sicherung des bestehenden Fachkräftebedarfs sind langwierige Verfahren kontraproduktiv und im internationalen Wettbewerb um Fachkräfte von Nachteil. Das Fachkräfteeinwanderungsgesetz, welches am 1.3.2020 in Kraft trat, beinhaltet als maßgebliche Neuerung die Einführung des beschleunigten Fachkräfteverfahrens. Kernidee des neuen beschleunigten Fachkräfteverfahrens ist es vor diesem Hintergrund, mit einem zentralen Ansprechpartner einen Verfahrensmittler zu schaffen, der die Behördennavigation übernimmt und Arbeitgeber und Fachkraft – gegen eine gesonderte Gebühr von 411 Euro, § 47 Abs. 1 Nr. 15 AufenthV – von vielen administrativen Fragen entlastet. Durch Bearbeitungsfristen für die involvierten Behörden soll der Prozess für Fachkraft und Arbeitgeber planbarer werden.
Was ist das beschleunigte Fachkräfteverfahren?
Das beschleunigte Fachkräfteverfahren steht offen, wenn sich Arbeitgeber und Fachkraft gefunden haben und ein Arbeitsvertrag vorliegt. Der Arbeitgeber kann dann in Vollmacht seiner Fachkraft mit der Ausländerbehörde eine Vereinbarung schließen, § 81a Abs. 2 AufenthG. Auf der Grundlage dieser Vereinbarung übernimmt die Ausländerbehörde nach § 81a Abs. 3 AufenthG als zentrale Verfahrensmittlerin die Koordinierung aller für die Einreise der Fachkraft durchzuführenden Verfahren (Anerkennungsverfahren, Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit, Visumverfahren bei der Auslandsvertretung), sie berät und unterstützt den Arbeitgeber in allen Phasen des Verfahrens und schafft so mit Informationen aus einer Hand Transparenz und Vertrauen. Zudem obliegt der Ausländerbehörde weiterhin die Prüfung der aufenthaltsrechtlichen Erteilungsvoraussetzungen.
Für die beteiligten Behörden ist das beschleunigte Fachkräfteverfahren mit kürzeren Erledigungsfristen verbunden: Die Anerkennungsstellen des Bundes müssen Anträge innerhalb von zwei Monaten bearbeiten (§ 14a BQFG bzw. berufsrechtliche Regelungen des Bundes), die Bundesagentur für Arbeit ihre Zustimmung innerhalb einer Woche erteilen (§ 36 Abs. 2 S. 2 BeschV), die Auslandsvertretungen innerhalb von drei Wochen einen Termin zur Annahme des Visumantrags vergeben und innerhalb weiterer drei Wochen entscheiden (§ 31a AufenthV). Insgesamt kann die Einreise dann nach ca. vier Monaten erfolgen. Voraussetzung ist allerdings, dass die erforderlichen Unterlagen vollständig durch den Arbeitgeber bzw. die Fachkraft vorgelegt werden – erst dann beginnen die Behördenfristen zu laufen.
Materielle Erleichterungen für die Fachkraft gehen mit dem Verfahren nicht einher. Formal erteilt die Ausländerbehörde im beschleunigten Fachkräfteverfahren eine Vorabzustimmung zur Visumerteilung nach § 31 Abs. 3 AufenthV, die die Grundlage für das beschleunigte Visumverfahren ist. Da die ausländische Fachkraft während des beschleunigten Fachkräfteverfahrens typischerweise noch keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat, ist örtlich die Ausländerbehörde zuständig, die für den Ort der künftigen Betriebsstätte zuständig ist (§ 31 Abs. 4 AufenthV).
Das reguläre Verfahren
Neben dem beschleunigten Verfahren ist es nach wie vor möglich, das reguläre Verfahren durchzuführen. Das Verfahren nach § 81a AufenthG ersetzt das reguläre Antragsverfahren nicht, sondern stellt eine Alternative dar.
Für das reguläre Antragsverfahren muss die ausländische Fachkraft bei der zuständigen Auslandsvertretung (Botschaft / Konsulat) einen entsprechenden Antrag auf Erteilung eines nationalen Visums stellen. Bei diesem Verfahren muss die Botschaft den Antrag dann vollständig und umfassend selbst prüfen, sodass das Verfahren in der Praxis deutlich mehr Zeit in Anspruch nehmen wird.
Welche Aufenthaltszwecke werden vom beschleunigten Fachkräfteverfahren erfassen?
Das beschleunigte Fachkräfteverfahren richtet sich an Drittstaatsangehörige, die sich noch im Ausland aufhalten. Für folgende Personengruppen ist das beschleunigte Fachkräfteverfahren möglich:
- Fachkräfte mit Berufsausbildung,
- Fachkräfte mit akademischer Ausbildung,
- Auszubildende,
- Berufsschülerinnen und Berufsschüler, wenn eine Anschlusstätigkeit nach Absolvierung der schulischen Berufsausbildung nachgewiesen wird,
- Fachkräfte, die für Qualifizierungsmaßnahmen zur Berufsanerkennung einreisen,
- Sonstige qualifizierte Beschäftigte (z.B. IT-Fachkräfte ohne formale Qualifikation, aber mit berufspraktischen Erfahrungen oder Forscherinnen und Forscher).
Ablauf des beschleunigten Fachkräfteverfahrens
Ein beschleunigtes Fachkräfteverfahren läuft in der Regel in den folgenden vier Etappen ab:
- Anbahnung mit den nötigen Bevollmächtigungen
- Antrag auf Einleitung des beschleunigten Verfahrens bis Abschluss der Vereinbarung, Beratung, Zusammenstellung der Unterlagen
- nötigenfalls Einholung des Gleichwertigkeits-/Vergleichbarkeitszertifikats, der Berufsausübungserlaubnis und der Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit
- Erteilung der Vorabzustimmung durch Ausländerbehörde und anschließendes Visumverfahren bei Auslandsvertretung
Familienzusammenführung
Von dem beschleunigten Verfahren für die Zuwanderung des Arbeitnehmers umfasst ist auch der Familiennachzug des Ehegatten und der minderjährigen ledigen Kinder, soweit ihre Anträge im zeitlichen Zusammenhang mit dem des Ausländers gestellt werden. Dabei ist als zeitlicher Zusammenhang ein Zeitraum von bis zu sechs Monaten zu verstehen. Dies fußt darauf, dass ein gemeinsames Übersiedeln noch vorliegen soll, auch wenn Ehegatten ihr eigenes Arbeitsverhältnis innerhalb von Kündigungsfristen zu Ende bringen und Kinder ein Schul(halb)jahr abschließen.
Dauer und Kosten der beschleunigten Fachkräfteverfahren
Unter Berücksichtigung der verschiedenen Verfahrensschritte (Anerkennungs-, Zustimmungs- und Visumverfahren) und den damit verbindlichen Fristen dauert das beschleunigte Fachkräfteverfahren in der Regel ca. 4 Monate. Liegt vor Beantragung des Verfahrens bereits ein Anerkennungsbescheid mit einer teilweise bzw. vollen Gleichwertigkeit vor, verkürzt sich die Verfahrensdauer entsprechend.
Das beschleunigte Fachkräfteverfahren ist kostenpflichtig. Für die Bearbeitung des Antrags erhebt die Ausländerbehörde bei Abschluss der Vereinbarung eine Gebühr in Höhe von 411 Euro. Die Fachkraft ist als Gebührenschuldner zu sehen. Allerdings kann der Arbeitgeber mit einer Kostenübernahmeerklärung die Bezahlung der Gebühren in voller Höhe allein tragen. Hinzu kommen weitere Kosten wie das Verfahren zur Anerkennung der ausländischen Berufsqualifikationen, ggf. die Erteilung einer Berufsausübungserlaubnis, das Visumverfahren im Ausland, das Beglaubigen von Kopien, sowie die Übersetzung und Echtheitsprüfung von Unterlagen und Urkunden.
Diese Kosten werden nicht von der Ausländerbehörde erhoben. Sie sind von der ausländischen Fachkraft direkt bei den zuständigen Stellen zu begleichen. Mehr Informationen finden Sie auf https://www.make-it-in-germany.com und https://www.bamf.de.